In Personalengpässen erwarten Unternehmen oft Überstunden. Doch nur vertraglich geregelt sind Überstunden ein Gewinn für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ohne Vereinbarung enthalten sie arbeitsrechtlichen Sprengstoff.
Urlaubszeit, Grippewelle oder ein eiliger Terminauftrag: Wenn es zu Personalengpässen in Unternehmen kommt, erwarten Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern Überstunden, um die Arbeit zu schaffen. Doch Überstunden bergen ein erhebliches Konfliktpotenzial, warnt die Wirtschaftskanzlei WWS aus Mönchengladbach. Nicht selten komme es zu Streitigkeiten vor dem Arbeitsgericht. Unternehmen sollten für Überstunden im Vorhinein klare Bedingungen vereinbaren.
Ohne Überstundenregelung kein Recht, Überstunden zu verlangen
Viele Arbeitnehmer nehmen Überstunden in Kauf, ohne dass dies schriftlich vereinbart wäre. Sei es aus Loyalität zum Unternehmen oder aus Angst um den Arbeitsplatz. Erst im Streitfall wird der Arbeitgeber dann feststellen, dass er nur dann das Recht hat, Überstunden anzuordnen, wenn es im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Vereinbarung mit dem Betriebsrat verankert ist. Ohne vertragliche Regelung dürften Arbeitgeber nur in betrieblichen Notfällen Überstunden anordnen, warnt WWS. Dazu zählten geschäftskritische Ereignisse wie Brand- oder Sturmschäden. Allgemeine Personalengpässe hingegen rechtfertigten keine Überstunden.
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Überstundenregelung als Klausel im Arbeitsvertrag
Der Arbeitsvertrag sollte also eine Überstundenklausel enthalten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer wissen so von Anfang an, aus welchem Grund und zu welchen Konditionen Überstunden oder Sonn- und Feiertagsarbeit anfallen können. Firmen können ihren Mitarbeitern etwa durch Überstundenzuschläge die Mehrarbeit schmackhaft machen.
Tipp: Besonders vorteilhaft sind Lohnzuschläge für Überstunden an Sonn- und Feiertagen sowie in der Nacht: Hier fallen innerhalb bestimmter Grenzen keine Steuer- und Sozialversicherungsabgaben an.
Viele Unternehmen gleichen Überstunden einfach durch Freizeit aus. Muss das Unternehmen regelmäßig viele Überstunden von seinen Mitarbeitern verlangen, dann lohnen sich Jahresarbeitszeitkonten. Auf einem solchen Koto können Arbeitnehmer Überstunden ansparen und zu einem späteren Zeitpunkt abbummeln.
Unbezahlte Überstunden nur für Führungskräfte
Grundsätzlich erlaubt der Gesetzgeber auch unbezahlte Überstunden. Er setzt dabei keine Grenze nach oben. Darauf bauen sollten Arbeitgeber nicht. Gerichte halten nach Ansicht der Wirtschaftskanzel WWS bei einer 40-Stunden-Woche nur zwei bis acht Stunden pro Woche für angemessen. Das Bundesarbeitsgericht hat 2012 entschieden, dass Überstunden und Mehrarbeit grundsätzlich vergütet werden müssen (Az. 5 AZR 765/10). Von dieser Regel macht das Gericht nur für Führungskräfte eine Ausnahme, die eine „deutlich herausgehobene Vergütung“ bekommen. Die Grenze für eine solche herausgehobene Vergütung ist die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Wer mehr verdient, kann vom Chef auch dazu verdonnert werden, abends oder am Wochenende zu arbeiten – ohne Anspruch auf Zuschlag. Eine Klausel, wonach mit dem Bruttogehalt alle Überstunden abgegolten sind, hat das höchste deutsche Arbeitsgericht hingegen für unwirksam erklärt. Der Arbeitsvertrag müsse eindeutig definieren, wie viele Überstunden für welche Aufgaben in welchem Zeitraum anfallen und wie viele Überstunden durch das Fixgehalt abgegolten seien. WWS rät: Generell sollten Arbeitgeber im Arbeitsvertrag die Anzahl der möglichen Überstunden ohne extra Vergütung nicht zu hoch ansetzen, damit die Klausel nicht unverhältnismäßig wird.
Ungenaue Überstundenregelung kann teuer werden
Wenn Unternehmen die Vergütung für Überstunden regeln wollen, sollten sie sich an einen Fachanwalt wenden. Erklärt ein Gericht im Streitfall die Regelung für unwirksam, kann es für den Arbeitgeber teuer werden. Dann nämlich müssen Firmen geleistete Überstunden stets vergüten, wenn die zusätzliche Arbeit nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. So hat das BAG formuliert.
Überstundenzuschläge
Überstundenzuschläge zählen in den meisten Unternehmen zum guten Ton. Eine gesetzliche Verpflichtung, Überstundenzuschläge zu zahlen lässt sich jedoch nur für Nachtarbeit ableiten: In § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) heißt es: "Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren."
Viele Flächentarifverträge schreiben Zuschläge für Überstunden beziehungsweise für Arbeit an Wochenenden und Feiertagen vor. Diese Pflichten gelten jedoch nur für Unternehmer, die Mitglied im entsprechenden Arbeitgeberverband sind. Arbeitnehmer in Unternehmen ohne Tarifbindung können Überstundenzuschläge nur dann beanspruchen, wenn die Zuschläge im Arbeitsvertrag stehen.
Quelle:
WWS, BAG
letzte Änderung W.V.R.
am 09.09.2019
Autor(en):
Wolff von Rechenberg
Bild:
panthermedia.net / lightwise
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13.11.2015 22:16:05 - Gast
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