Arbeitgeber müssen strenge
Aufzeichnungspflichten für den
Mindestlohn beachten. Die Pflichten gelten je nach Branche. Unternehmen sollten sich daran halten, denn mit der
Lohnsteuernachschau hat der Gesetzgeber ein neues
Kontrollinstrument geschaffen.
In einigen Branchen kennen Arbeitgeber schon die Aufzeichnungspflichten über die Arbeitszeit der Beschäftigten. In Branchen, in denen ein für allgemeinverbindlich erklärter Tariflohn gilt, traten mit dem
tariflichen Mindestlohn auch die Aufzeichnungspflichten in Kraft:
- Abfallwirtschaft, Straßenreinigung, Winterdienst
- Aus- und Weiterbildung
- Baugewerbe
- Dachdecker
- Elektrohandwerk
- Fleischwirtschaft
- Friseure
- Gebäudereinigung
- Gerüstbauer
- Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau
- Maler und Lackierer
- Pflege
- Schornsteinfeger
- Textilindustrie
- Wäschereien mit Firmenkunden
Die Aufzeichnungspflichten gelten auch für Unternehmen, die Leiharbeiter beschäftigen. Nach
§ 19 Abs. 1 Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) müssen sie für jeden Arbeitstag und jeden Arbeitnehmer aufzeichnen:
- Beginn,
- Dauer und
- Ende der Arbeitszeit.
Mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns 2015 gelten die Aufzeichnungspflichten außerdem für die in
§ 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) genannten Branchen sofern sie nicht schon im Arbeitnehmerentsendegesetz genannt werden.
- Baugewerbe,
- Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
- Personenbeförderungsgewerbe,
- Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
- Schaustellergewerbe,
- Unternehmen der Forstwirtschaft,
- Gebäudereinigungsgewerbe,
- Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
- Fleischwirtschaft.
Für Unternehmen dieser Branchen gilt außerdem eine
Sofortmeldepflicht für
Arbeitnehmer gemäß § 28a Abs. 4 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV). Betroffene Unternehmen werden regelmäßig geprüft. Arbeitgeber können sich daran orientieren, wenn sie nicht sicher sind, ob Aufzeichnungspflichten beim Mindestlohn auch für die gelten.
Ist ein Unternehmen schon einmal geprüft worden, und wurde dabei festgestellt, dass es nicht unter die Regeln des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes fällt, dann kann es davon ausgehen, dass es auch nicht unter die Aufzeichnungspflichten fällt. Darüber informiert der
Zoll, dem die Kontrollen in Sachen Mindestlohn und Schwarzarbeit obliegen.
Achtung! Für
Minijobs müssen Unternehmen unabhängig von der Branche stets die Arbeitszeiten aufzeichnen. Die Aufzeichnungspflichten gelten auch für
kurzfristig Beschäftigte. Ausnahme: Privathaushalte sind von den Mindestlohn-Aufzeichnungspflichten ausgenommen, wenn sie
Minijobber beschäftigen.
Form der Aufzeichnungen zum Mindestlohn
Die Aufzeichnungen sind gemäß § 1 Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung (MiLoDokV) in
deutscher Sprache aufzubewahren. Eine bestimmte Form müssen Arbeitgeber nicht beachten. Es spielt auch keine Rolle, ob ein Arbeitgeber seine Arbeitszeitaufzeichnungen auf Papier oder digital führt. Entscheidet sich der Arbeitgeber für eine digitale Aufzeichnung, dann kann er das ebenfalls formlos tun.
Liegen
Wochenpläne für die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer vor, dann können Arbeitgeber diese Pläne für ihre Aufzeichnungen verwenden. Sie müssen aber jede Abweichung vom Plan protokollieren – und: Wenn keine Abweichung vom Plan eingetreten ist, muss der Arbeitgeber auch dies formlos protokollieren.
Urlaub, Krankheit und Pausen im Mindestlohn
Muss ein Arbeitgeber eigentlich auch die
Pausen seiner Mitarbeiter aufzeichnen? Der Zoll fordert Arbeitgeber in einem Informationstext dazu auf, auch Pausenzeiten aufzuzeichnen. Im Arbeitnehmerentsendegesetz ist von Pausen hingegen keine Rede. Der Steuerberater André Kaponig bezweifelt eine gesetzliche Aufzeichnungspflicht über Pausenzeiten in einem Beitrag in der Zeitschrift "BC Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling" (5/2015).
Auch der
Fragebogen des
Prüfdienstes der Deutschen Rentenversicherung weise den Arbeitgeber nicht auf eine Aufzeichnung der Pausenzeiten hin, schreibt Kaponig. Dennoch empfiehlt er Unternehmern, die Pausenzeiten gesondert aufzuzeichnen – zur Sicherheit.
Achtung! Selbstverständlich sollten Arbeitgeber
Krankheits- und Urlaubstage aufzeichnen.
Verordnungen vereinfachen Aufzeichungspflichten beim Mindestlohn
Die bereits erwähnte
Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung (MiLoDokV) ist gleichzeitig mit dem Mindestlohngesetz (MiLoG) zum Jahresbeginn 2015 in Kraft getreten. Im Juli 2015 kündigte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) eine Lockerung an: Arbeitgeber seien von allen Aufzeichnungspflichten befreit für Arbeitnehmer, die ein verstetigtes Monatsentgelt von mindestens 2.000 Euro brutto bekommen und während der letzten zwölf Monate auch erhalten haben, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Für Saisonbeschäftigte soll jedoch weiterhin eine Grenze von 2.985 Euro Monatseinkommen gelten. Für Minijobber im
gewerblichen Bereich gilt immer eine Aufzeichnungspflicht.
Die Mindestlohnaufzeichnungsverordnung (MiLoAufzV) räumt dem Arbeitgeber in § 1 Abs. 1 ebenfalls
vereinfachte Aufzeichnungspflichten ein,...
- soweit er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten beschäftigt,
- diese keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und Ende) unterliegen und
- sich ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen
Eine ausschließlich mobilen Tätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 1 MiLoAufzV sieht der Gesetzgeber dann gegeben, wenn eine Tätigkeit nicht an
Beschäftigungsorte gebunden ist. Eine ausschließlich
mobile Tätigkeit liege "insbesondere bei der Zustellung von Briefen, Paketen und Druckerzeugnissen, der Abfallsammlung, der Straßenreinigung, dem Winterdienst, dem Gütertransport und der Personenbeförderung vor", heißt es in §1 Abs. 2 MiLoAufzV. Arbeitgeber, die dies für sich in Anspruch nehmen können, brauchen lediglich den täglichen Arbeitsumfang aufzeichnen, nicht aber Beginn und Ende der Arbeitszeit.
Arbeitgeber sollten vorausschauend handeln
Der Mindestlohn betrifft Arbeitgeber im
Niedriglohnsektor besonders hart. Sie müssen beim Lohn jeden Euro umdrehen, um im Wettbewerb zu bestehen. Gleichzeitig beklagen Steuerberater mangelnde
Rechtssicherheit beim Mindestlohn. So ist keineswegs abschließend geklärt, welche
Lohnbestandteile bei der Berechnung des Mindestlohns herangezogen werden dürfen.
So weist
Steuerberater André Kaponig in seinem Beitrag in der Zeitschrift "BC" darauf hin, dass Urlaubsgeld oder Sonderzahlungen nach einem Beschluss des Berliner Arbeitsgerichts nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen seien (Az.: 54 Ca 14420/14). Bei der Berechnung der Grenze für die Aufzeichnungspflichten beim Mindestlohn dürften solche Gehaltsbestandteile jedoch berücksichtigt werden.
Gerade vor dem Hintergrund der noch nicht abschließend geklärten Details rund um die
Arbeitgeberpflichten durch den Mindestlohn, sollten Unternehmen sehr gründlich die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten dokumentieren. Denn mit der
Lohnsteuernachschau hat der Gesetzgeber ein neues Instrument geschaffen, das Prüfungen vor Ort schneller und einfacher ermöglicht.
(Stand: 2021)
Quelle:
Zoll, BMAS, IHK Koblenz, Deutsche Rentenversicherung, BC 5/2015, Gesetze im Internet
letzte Änderung W.V.R.
am 23.06.2024
Autor(en):
Wolff von Rechenberg
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Randolf Berold
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07.10.2017 19:22:42 - Gast
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