Der Midijob soll den
Übergang vom Minijob zur regulären Beschäftigung attraktiver gestalten. Ab dem 1. Oktober 2022 gelten neue Bestimmungen für den Midijob: Durch eine höhere Obergrenze des Arbeitsentgelts kommen mehr Arbeitnehmer mit relativ niedrigem Einkommen in den Genuss von reduzierten Sozialversicherungsbeiträgen. Zudem führen diese reduzierten Beiträge nicht mehr zu einer entsprechend geringeren Rente.
Minijobs und Midijobs in den vergangenen Jahren
Der Gesetzgeber hat 2003 den Midijob eingeführt, um die Schwelle zwischen dem
Minijob und der regulären, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung abzumildern. Verdiente ein geringfügig Beschäftigter monatlich mehr als den Betrag der Minijob-Verdienstgrenze, bekam er die vollen Sozialabgaben und Steuern abgezogen.
Für viele geringfügig Beschäftigte war eine reguläre Beschäftigung deshalb wenig attraktiv.
Dies sollte sich mit dem Midijob ändern. Wer monatlich mehr verdient als gesetzlich für den Minijob erlaubt, wechselt in die "
Gleitzone", die heute offiziell
Übergangsbereich heißt. Aus dem Minijobber wurde ein
Midijobber. Statt mehr als 20 % Sozialabgaben muss er nur etwa 11 % leisten – es bleibt mehr Netto vom Brutto. Die Obergrenze beträgt derzeit 1.300 Euro monatlich und steigt zum 1. Oktober auf 1.600 Euro, ab 2023 auf 2.000 Euro.
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Der Übergangsbereich
Mit dem
Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 28. November 2018 (BGBl. I, S. 2016) hat die Bundesregierung den Midijob neu aufgestellt. Als das Gesetz am 1. Juli 2019 in Kraft trat, wurde die Obergrenze von 850 Euro auf 1.300 Euro (Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes) angehoben und die Gleitzone entsprechend gestreckt – und umbenannt: Statt von "Gleitzone" spricht der Gesetzgeber jetzt von einem "Übergangsbereich".
Der vom Arbeitnehmer zu zahlende
Sozialversicherungssatz von knapp 11 %
steigt über die Spanne des Arbeitsentgelts von 450,01 Euro auf etwa 20 % bei 1.300 Euro an, was dann den vollen Arbeitnehmerbeitrag darstellt (ab 1.10.2022: 520,01 bis 1.600 Euro). Die Steigung verläuft jetzt aber flacher, was für Midijobber mit einem Arbeitsentgelt von 850 Euro eine Entlastung von etwa 22,50 Euro bedeutet. Bei 1.100 Euro beträgt die Entlastung immer noch etwa zehn Euro (genaue Berechnungsvorschrift: § 163 Abs. 10 SGB VI).
Schwankender Arbeitslohn: Wenn ein Midijobber nicht monatlich denselben Lohn erhält, wird ein
monatlicher Durchschnittswert gebildet. Auch Sonderzahlungen, wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, sind zu berücksichtigen. Auf das Jahr gerechnet liegt die Obergrenze für den Midijob bei einem Arbeitsentgelt von 15.600 Euro (ab 1.10.2022: 19.200 Euro).
Die Anrechnung auf die Rente
Die andere wichtige Neuerung ist die
Anrechnung auf die Rente. Nach der früheren Regelung führten die reduzierten Abgaben für die Rentenversicherung auch zu geringeren Rentenansprüchen. Dies hat der Gesetzgeber geändert: Die
Rentenpunkte werden jetzt auf der Basis der regulären Abgabe zur Rentenversicherung berechnet (Art. 1 Nr. 4 RV-Leistungsverbesserungs-und -Stabilisierungsgesetz). Der Arbeitnehmer zahlt also weniger in die Rentenkasse ein, als er aufgrund seines Einkommens eigentlich müsste, erhält aber die
vollen Versicherungszeiten, die ihm aufgrund seines Einkommens zusteht.
Wichtig! Früher konnte ein Midijobber
auf die Reduzierung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung verzichten, um später mehr Rente zu erhalten. Diese Regelung entfällt nun, da die Rentenpunkte ohnehin vom regulären Beitragssatz aus berechnet werden. Die
Verzichtserklärungen der Arbeitnehmer sind also hinfällig. Dennoch sollte ein Arbeitgeber sie bis zur nächsten
Betriebsprüfung aufbewahren, um die Zahlungen an die Sozialversicherungen erklären und nachweisen zu können.
Vom Minijob zum Midijob
Viele
Minijobber erhalten nur den gesetzlichen Mindestlohn. Steigt der Mindestlohn, müssen Arbeitgeber die Stundenzahl ihrer Minijobber neu berechnen, um die
Verdienstgrenze einzuhalten. Die Arbeitszeit muss also entsprechend reduziert werden, wenn es beim Minijob bleiben soll. Diese Praxis soll jetzt entfallen. Die
Verdienstgrenze bei geringfügiger Beschäftigung soll sich nach der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns richten. Dennoch kann es sich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer lohnen, die Arbeitszeit sogar zu erhöhen und aus dem Minijobber einen Midijobber zu machen. Das hat für den Arbeitgeber wie für den Arbeitnehmer Vorteile – und kleinere Nachteile.
Vor- und Nachteile für den Arbeitnehmer
Im Midijob zahlt der Arbeitnehmer in alle Sozialversicherungen ein (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) und hat entsprechend auch Anspruch auf Leistungen aus diesen Kassen. Dabei wird die Bemessungsgrundlage für die entsprechenden Abgaben reduziert, die Zahlungen sind also niedriger als nach regulären Sätzen. Dennoch steigen die
Sozialabgaben beim Übergang vom Minijob zum Midijob von 3,6 % (nur Rente) auf 18,5 % (alle Sozialabgaben) an. Da die Arbeitnehmerbeiträge nicht auf der Basis des kompletten Bruttolohns, sondern auf der eines reduzierten Eikommens ermittelt werden, liegen die Sozialabgaben immer noch unter denen eines regulären Arbeitnehmers. Außerdem bleibt der
Midijob erst einmal lohnsteuerfrei, sofern für den Arbeitnehmer die Steuerklassen I bis IV gelten. Erst oberhalb von 1.000 Euro setzt bei den Steuerklassen I, II und IV der Steuerabzug vom Lohn ein.
Vor- und Nachteile für den Arbeitgeber
Im Hinblick auf die
Sozialversicherungsabgaben hat der
Übergang zum Midijob für den Arbeitgeber sogar finanzielle Vorteile. Denn für den Minijob zahlt er 28 % pauschale Sozialabgaben, während es beim Midijob nur etwa 20 % sind (s. Tabelle). Auch die Lohnsteuer, die beim Minijob pauschal 2 % vom Arbeitsentgelt beträgt, fällt wegen der Steuerprogression beim Übergang zum Midijob erst einmal weg.
Auch muss der Arbeitgeber nicht jedes Mal melden, wenn ein Beschäftigter in den Übergangsbereich gelangt oder ihn verlässt. Stattdessen genügt ein
entsprechendes Kennzeichen in der nächsten anstehenden Entgeltmeldung. Einen
Mehraufwand gibt es aber doch: Der Arbeitgeber muss gegenüber den Versicherungsträgern sowohl das tatsächliche Arbeitsentgelt als auch die reduzierte Bemessungsgrundlage für den Arbeitnehmer, teilweise auch "fiktiver Verdienst" genannt, angeben (Berechnung siehe unten).
Einschränkungen bei der Anwendung der neuen Regelungen
Von den neuen Regelungen zum Midijob sind einige Arbeitnehmergruppen ausgenommen. Dies sind zum einen
Auszubildende und Studenten in dualen Studiengängen, zum anderen
Praktikanten und diejenigen, die ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr leisten. Keine Anwendung finden die Midijob-Regelungen auch bei Kurzarbeit oder Wiedereingliederungsmaßnahmen.
Achtung: Ein Job mit einem Arbeitsentgelt über der Verdienstgrenze für Minijobber gilt nicht als Midijob, wenn er ein Nebenjob zu einem regulären Beschäftigungsverhältnis ist. Dann gelten für beide Jobs die regulären Abgaben und Steuern. Wenn ein Arbeitnehmer mehrere Midijobs hat, dann werden die Arbeitsentgelte zusammengezählt. Nur wenn sie in Summe maximal 1.300 Euro (ab 1.10.2022: 1.600 Euro; ab 2023: 2.000 Euro) ergeben, gelten die Regelungen für den Midijob.
Hat jemand einen oder mehrere Midijobs und einen Minijob, so bleibt das
Arbeitsentgelt des Minijobs unberücksichtigt. Bei zwei oder mehr Minijobs werden die Entgelte ab dem zweiten Minijob bei der Errechnung des Gesamtverdienstes hinzugezählt.
Beispielrechnung: Arbeitnehmeranteil an den Sozialabgaben
Beispiel: Georg R. verdient mit einem Midijob 1.000 Euro.
Um den Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsabgaben bei einem Midijob zu ermitteln, muss zunächst die Bemessungsgrundlage mit einer Berechnungsvorschrift nach § 163 Abs. 10 SGB VI berechnet werden. Die Formel lautet:
F × 450 + ([1.300 / (1.300 – 450)] – [450 / (1.300 – 450)] × F) × (AE – 450)
Ab 1. Oktober 2022:
F × 520 + ([1.600 / (1.600 – 520)] – [520 / (1.600 – 520)] × F) × (AE – 520)
Ab 2023:
F × 520 + ([2.000 / (2.000 – 520)] – [520 / (2.000 – 520)] × F) × (AE – 520)
Dabei ist
AE das zugrunde liegende
Arbeitsentgelt und
F ein
Faktor, der sich aus dem Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz (2022: 39,95 %) ergibt. Bis zum 30.09.2022 lautet dieser Faktor: 30 / 39,95 = 0,7509. Ab dem 1.10.2022 lautet der Faktor: 28 / 39,95 = 0,7009. Die Berechnungsvorschrift kann aber auch vereinfacht werden. Sie lautet dann bis zum 30.09.2022:
1,1318765 × Arbeitsentgelt – 171,4394118.
Die reduzierte beitragspflichtige Einnahme von Georg R. beträgt:
1,1318765 × 1.000 – 171,4394118 = 960,44 Euro
Die Rechengrößen 1,1318765 und 171,4394118 ändern sich bei Anpassungen der Bedingungen für den Midijob. Die jeweils gültigen Rechengrößen für alle Jahre finden sich beispielsweise auf den Internetseiten der Krankenkassen. Diese
reduzierte beitragspflichtige Einnahme dient zur
Berechnung der Abeitnehmeranteile des Beitrags zu Sozialversicherung.
Bemessungsgrundlage
|
Gesamtbeitrag
|
AG-Anteil
|
An-Anteil
|
Faktor F
|
0.7509
|
960,44 €
|
1000,00 €
|
|
Krankenversicherung (+ Sonderbeitrag)
|
15,90 %
|
152,71 €
|
78,50 €
|
72,28 €
|
Pflegeversicherung
|
3.05 %
|
29,30 €
|
15,25 €
|
14,05 €
|
Beitragszuschlag Pflegeversicherung
|
0.25%
|
2,40 €
|
0,00 €
|
2,40 €
|
Rentenversicherung
|
18.60 %
|
178,64 €
|
93,00 €
|
85,64 €
|
Arbeitslosenversicherung
|
2.40 %
|
23,06 €
|
12,00 €
|
11,06 €
|
Summe
|
386,11 €
|
198,75 €
|
185,43 €
|
Stand: 2022
Georgs
monatliches Nettoeinkommen beläuft sich also auf 814,57 Euro. Sein Arbeitgeber muss für Georgs Midijob
monatlich 1.198,75 Euro bezahlen.
letzte Änderung S.P.
am 22.12.2022
Autor(en):
Stefan Parsch
Bild:
Bildagentur Panthermedia / Oleg Dudko
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Autor:in
|
Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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